Die Berlinale gibt sich politisch. Schon traditionell, aber in diesem Jahr besonders. Die Frage, sagt etwa die omnipräsente Kulturstaatsministerin Claudia Roth, sei auch keinesfalls, ob das Filmfest angesichts der Verfinsterung der Welt in der Ukraine oder im Iran gefeiert werden dürfe. Vielmehr sei offensichtlich, dass es gefeiert werden muss.

Und das immerhin darf der diesjährigen Ausgabe des Festivals zugute gehalten werden: Sie positioniert sich – mit Filmen aus der Ukraine und dem Iran, mit Filmen über die Situation in den beiden Ländern, mit einer Livezuschaltung Selenskyjs bei der Eröffnungsfeier und mit Mikrodemonstrationen auf dem roten Teppich.

Der Wettbewerb wird ebenso wie das Staraufgebot im Vergleich mit den großen Konkurrenten in Cannes und Venedig dann allerdings doch eher wieder als unbedeutend eingestuft. Unter 19 Beiträgen sind zudem fünf deutsche, von denen aber immerhin zwei auch von der Kritik als außergewöhnlich eingestuft werden: Christian Petzolds neues Werk „Roter Himmel“, das den Großen Preis der Jury erhält, und „Music“ von Angela Schanelec. Letztere erhält den Silbernen Bären für das beste Drehbuch und der Filmkritikchef des Tagesspiegel, Andreas Busche, resümiert, der Film käme „in seiner Durchlässigkeit, seiner reinen Form, einem Urtext des Kinos schon sehr nah“. Was auch immer das heißen mag.

Wenig beachtet läuft im Forum unter anderem „This is the End“ des französischen Filmemachers Vincent Dieutre. Es ist sein sechster Beitrag, der in dieser Sektion gezeigt wird, Dieutre damit ein Dauergast. „This is the End“ schildert einen Aufenthalt des Regisseurs in Los Angeles während der Corona-Pandemie und ist ein sehr subjektiver Abgesang aufs Anthropozän, der in Beziehungen, Poesie und zärtlicher Beobachtung nach Resten von Sinn sucht. Da er nebenbei akkurate Bilder produziert und Betrachtende auf seine Reise mitnimmt, schaut sich das durchaus angenehm weg.

Und „Bis ans Ende der Nacht“ von Christoph Hochhäusler, der noch kurz vor Schluss läuft, ist ebenfalls nicht nur aufgrund der vom Festival als beste Nebendarstellerin ausgezeichneten Thea Ehre sehenswert. Nicht immer bis ins letzte nachvollziehbar liefert er einen dringlichen Liebesfilm im Genregewand, angemessen düster und queer. Sicher auf seine Art ebenfalls ein Film zur Zeit.