In einem Jahr, in dem wirklich kaum etwas gut war, konnte wenigstens übers Kino nicht geklagt werden. Angefangen von Joel Coens „The Tragedy of Macbeth“ im Januar über Julian Radlmaiers Wonnemonat-Mai-Beitrag „Blutsauger“ bis zu Iñárritus „Bardo“ aus dem Dezember gab es ein lange Reihe veritabler Highlights. Und nun kommt mit Kurdwin Ayubs bereits auf der Berlinale gefeiertem Debut „Sonne“ ein weiterer formal wie inhaltlich überzeugender Hit in die Kinos.

Filmstill "Sonne (c) Ulrich Seidl Filmproduktion 2022

Daher hier zum Jahresende meine ganz subjektive Top 10

Platz 10: The Innocents

Eskil Vogt über die klaffenden Abgründe zwischen den Welten von Kindern und Erwachsenen.

Platz 9: Triangle of Sadness

Sicherlich der Film, den die Welt seit längerem gebraucht hat – mit aller überschwappenden Scheiße, die nötig ist, um den Wohlfühlfaktor ein wenig auszutreiben.

Platz 8: Bones and All

Ebenfalls nicht leicht zu verdauen, aber doch überzeugend: Luca Guadagninos Kannibalen-Coming-of-Age-Drama

Platz 7: Alcarràs

Carla Simóns Berlinale-Gewinnerfilm über den Niedergang einer katalanischen Pfirsichbauernfamilie. So lebendig und schön kann Sozialrealismus sein.

Platz 6: AEIOU – Das schnelle Alphabet der Liebe

Mit ihren Betrachtungen zu Liebe, Liebe im Film und Liebe in zunehmendem Alter gelingt Nicolette Krebitz mit Sophie Rois und Udo Kier sowie der atemberaubenden Neuentdeckung Milan Herms eine leichtfüßige wie bewegende Metaerzählung.

Platz 5: Wo in Paris die Sonne aufgeht

Liebe zwischen einmal als modernistisch gemeinten Plattenbauten – mit Hilfe zweier zusätzlicher Drehbuchautorinnen gelingt Jacques Audiard mit „Les Olympiades“, so der Originaltitel, sein bislang überzeugendster Wurf. Ein Knäuel aus Liebe und Frustration.

Platz 4: Bardo – Die erfundene Chronik einer Handvoll Wahrheiten

Mexiko persönlich genommen. Eine Achterbahnfahrt aus ganz großem Kino.

Platz 3: Blutsauger

Eine marxistische Vampirkomödie von Julian Radlmaier – das sagt eigentlich schon alles.

Platz 2: The Tragedy of Macbeth

Dass Joel Coen eines Tages direkt Shakespear verfilmen würde, war eigentlich abzusehen. Dass das Resultat so großartig würde, eigentlich auch.

Platz 1: Sonne

Formal wie inhaltlich überzeugend. Ach ja, das sagte ich oben schon. Gibt es aber auch für heute nicht viel hinzuzufügen.

Das Problem mit Listen ist auch hier wieder: Die Plätze in ihnen sind begrenzt. Unter den Tisch gefallen sind deshalb in diesem Fall so tolle Filme wie „X“, „Das Glücksrad“ oder „Wir sind dann wohl die Angehörigen“.