Der deutsche Wald ist von jeher Sinnbild des Dunklen, Verbotenen und der Gefahr. In Grimm’schen Märchen werden hier die Kinder ausgesetzt, die kaputte Familien nicht mehr ernähren können oder wollen. Und hier wohnt das Böse in Gestalt der Hexe oder des Wolfs, Figuren, die je nach Kontext auch anders gedeutet werden können: etwa als Opfer von Verfolgung und Auslöschung.

Die Protagonistion versucht, etwas Licht in Waldes Dunkel zu bringen. Foto: if Productions und POISON

Für die Studentin Anja Grimm (Henriette Confurius) ist er vor allem Speicher von Erinnerungen. Als Forstarbeitspraktikantin kehrt sie nach zwanzig Jahren zurück in einen von der bundesrepublikanischen Wohlstandsmodernisierung vergessenen Winkel der Oberpfalz, in dem sie in Kindertagen mit den Eltern einen traumatischen Urlaub verbracht hat. Damals ging ihr Vater verloren – ein Verbrechen, das nie aufgeklärt wurde. Nun fördern ihre Bodenproben ungewöhnliche Ergebnisse zu Tage, die zu seiner Klärung beitragen könnten.

Doch bald nach ihrer Ankunft ereignet sich ein neuer Mord, mit dessen Aufklärung die Erinnerung an den vermutlichen früheren gleich mitentsorgt werden soll. Zumindest, wenn es nach dem Willen des noch immer mächtigen ehemaligen Polizeichefs Gustav Dallmann (August Zirner) geht. Der hat zwar mit dem aktuellen Dorfpolizisten, seinem Sohn Konrad (Robert Stadlober), den Vertreter einer neuen Generation zum Nachfolger und Wiederpart. Doch entgegen anfänglichem Willen zur Rebellion sind auch dem die Familienbande schnell wichtiger als ein allzu tiefes Graben nach der Wahrheit. So bleibt Anja nichts, als die eigenen Nachforschungen voranzutreiben.

Saralisa Volm, die bei „Schweigend steht der Wald“ zum ersten Mal Regie geführt hat, kennt man bisher vor allem als Schauspielerin. Entdeckt wurde sie vom kürzlich verstorbenen Bad Boy des deutschen Films Klaus Lemke. Dessen Spezialität war es, mit kleinen Budgets und häufig ohne ausgearbeitetes Script Ideen in raue Filme zu verwandeln. Das gelang mal besser mal schlechter, taugt aber sichtlich als Schule fürs Filmemachen, wie Volms unerschrockenes Debut zeigt.

Stimmig düster fällt ihre Adaption der Romanvorlage von Wolfram Fleischauer aus, der selbst für das Drehbuch verantwortlich zeichnet. Dass vor allem in der ersten Hälfte einige Kameraperspektiven etwas gewollt spektakulär wirken, ist verzeihlich. Ebenso das mehrmalige bedeutungsschwangere Aufrufen von Ekelbildern von sich im Erdreich windenden Würmern oder dem Ausnehmen eines Wildschweins – integrieren sie sich zuletzt doch nachvollziehbar ins Anliegen eines Thrillers, der tief in der gezeigten Region wurzelt.

Als Vorfilm eignet sich übrigens dieser etwas über 20 Jahre alte Versuch über den dunkeldeutschen Wald.