Woody Allens „Stardust Memories“, Ingmar Bergmans „Fanny und Alexander“, Wong Kar-Weis „Happy Together“, Martin Scorseeses „The Departed“, Michelangelo Antonionis „Beruf Reporter“, Kathryn Bigelows „Near Dark“ … die Reihe ist lang, kann immer fortgesetzt werden und ist auf die eine oder andere Art von vornherein ungerecht, falsch und schlecht informiert. Ganz davon abgesehen, dass beste Filme, die keiner kennt, wie zum Beispiel Maladies, sowieso unter den Tisch zu fallen pflegen.

Andererseits gibt es von Zeit zu Zeit Anlässe, die es geradezu unausweichlich erscheinen lassen, alte Lieblingsfilme neu anzuschauen und zu bewerten. Zum Beispiel, wenn „Grand Budapest Hotel“ gut unterhält, bei allen abgedrehten Ideen und genialen Zitaten (von der Ausstattung gar nicht zu sprechen) aber dennoch den Eindruck hinterlässt, Wes Anderson habe schon ein oder zwei Mal mehr zu sagen gehabt.

Umso schöner, wenn das zunächst nur vage Gefühl dann der Überprüfung standhält, und „Rushmore“ am Wochenende nicht nur ein, sondern ganze drei Mal hintereinander angeschaut werden muss – vor lauter Begeisterung.

Max Fisher, 15-jähriges Genie, Theaterautor, Präsident zahlreicher Schulclubs und schlechtester Schüler der Privatschule Rushmore, durchlebt schwere Zeiten. Das Zusammentreffen seines übersteigerten, jugendlich-autistischen Narzismus mit seiner Unfähigkeit zu lernen führen zum Ende seines eingerichteten Lebens an der Schule für reich Geborene mit der Aussicht auf ein reiches Ende (Herman Blume).

Tröstet zunächst die Freundschaft mit dem durch aus der Art geschlagen normale Kinder gestraften Industriellen und Vietnamveteran Herman Blume ein wenig über die Bedrohlichkeit der Situation hinweg, bringt das Zusammentreffen mit der verwitweten Lehrerin Rosemary Cross die fragilen Konstruktionen von Max Gefühlswelt und Sozialleben vollends zum Einsturz.

Wie das mit der ersten Liebe so ist. Auf die vorgeblich Altersunterschied bedingte Zurückweisung folgen Kränkungen, Intrigen und ein Kleinkrieg mit den besten Freunden, die sich gewaschen haben, wie man in Anbetracht der bis in letzte Detail durcharrangierten Breitwandbilder wohl sagen darf. Erst die Rückbesinnung auf die Arbeit in der Kernkompetenz Kunst ermöglicht das in aller Breite ausgekostete Happy End, in dem das falsche Leben in einem großen Ball der Wahrheit aufgehoben wird.

Neben Jason Schwartzman und Bill Murray, die Wes Andersons weiteres Schaffen bekanntlich begleiten, gibt es hier schon alle wesentlichen Themen des Andersonschen Œuvres: die Angst vor dem Scheitern, das Misslingen der Liebe, das Wunder der Freundschaft, schwarzen Humor, Trauer, Lebenskunst und eine gehörige Portion Künstlichkeit, die das eigene Involviertsein ins große Ganze aus Film und Leben immer mitthematisiert. Godard (der oben in der Liste natürlich fehlt) in Amerika. Film auf dem Gipfel der Kunst. (Musste ja mal gesagt werden.)

PS: Coming of Age ist sowieso von Alters her ein dankbares Sujet für den Film. Und entgegen den Unkenrufen allenthalben gibt es gerade hierfür schöne Beispiele im neueren deutschen Film. Zum Beispiel, weil er gerade gestern auf 3Sat lief, der Grimme Preis gekrönte Ihr könnt euch niemals sicher sein von Nicole Weegmann mit dem tollen Ludwig Trepte in der Hauptrolle. Oder Fickende Fische. Oder oder. (Auch hier wird die Liste wieder lang und niemals vollständig.)