Kulturgeschichte des Huhns. „Ich wollt‘ ich wär ein Huhn, ich hätt‘ nicht viel zu tun, ich legte jeden Tag ein Ei und sonntags auch mal zwei“ singen Lilian Harvey, Willy Fritsch, Paul Kemp und Oskar Sima im Film Glückskinder von 1936, mit dem Goebbels seinen Regisseur Paul Martin amerikanische Screwball Comedies  adaptieren lässt (so findet denn auch Clark Gable gegen Ende des Songs Erwähnung). Ziel ist, der nazideutschen Filmwirtschaft, der mit sich verschärfender Judenverfolgung wesentliche Talente abhanden kommen, neuen Glanz zu verleihen. Denn der Reichspropagandaminister weiß wie kein anderer um die Bedeutung der leichten, erbaulich politikfernen Kinokost fürs deutsche Gemüt. Inwieweit der sogenannte „unpolitische“ Unterhaltungsfilm dabei am Volkskörper mitbaut mit seinen Bildern vom kämpfen müssenden Mann als der Krone der Schöpfung, wird beim ersten Sehen des Ausschnitts deutlich. Der Hühnersong bleibt aber auch weit über die NS-Zeit hinaus als Evergreen präsent, und die Feier des gemütlichen Hühnerlebens setzt sich im Alltagsbewusstsein fest. Dabei fällt natürlich völlig unter den Tisch, dass die Existenzbedingungen des über Jahrtausende domestizierten Ritus- und Nutztiers Huhn einen tiefgreifenden Wandel durchgemacht haben, seit es ab etwa 1850 im Anschluss an Mendel und Darwin zum Triumphzug von Rassekreuzungen und Hybridrassezucht gekommen ist und sich ab 1900 industrielle Methoden der Fleisch- und Eierproduktion durchgesetzt haben. Das Leben stellt sich seitdem für die auf Legebatterie oder Mast optimierten Vernutzungstiere alles andere als gemütlich dar. Gewissermaßen als Strafe für diese Ungenauigkeit im Filmsong mausert sich der gallische Hahn in der Folge zu einem Propagandatier der französischen Résistance, das dem preussisch-deutschen Besatzer-Adler entschlossen Paroli bietet.

 

coq goulois

Im Hintergrund zeigt der gallische Hahn dem preußischen Adler, was eine Harke ist.